Świeże wiśnie (Fresh Cherries)
Dokumentarische Filmausschnitte, authentische und rekonstruierte Interviews sowie fiktionale Inszenierungen bilden das Material von Anna Baumgarts Videoarbeit, in der sie die Tabuisierung von Opfern des Zweiten Weltkrieges thematisiert.
Die Künstlerin hat festgestellt, dass vor allem Frauen und darunter besonders denjenigen, die von Soldaten beider Seiten zu sexuellen Diensten gezwungen oder missbraucht wurden, das Recht verweigert wurde, Teil der offiziellen Kriegsschreibung zu sein. Sie erbittet Unterstützung von Joanna Ostrowska, einer polnischen Studentin, die zur Geschichte der Prostitution in den deutschen Konzentrationslagern in Polen forscht. Basierend auf Ostrowskas Ergebnissen rekonstruiert Baumgart zwei Interviews. Zum einen mit Frau W., einer Deutschen, die im Bordell von Auschwitz genötigt wurde, sexuelle Dienste für Gefangene zu leisten, und zum anderen mit Barbara, einer Polin, die von russischen Soldaten vergewaltigt wurde.
Baumgart konstruiert außerdem das Dramaspiel einer sexuell missbrauchten Frau, die eine systemische Therapie nach Bert Hellinger macht. Dessen Hauptmethode der Familienaufstellung beruht darauf, das Opfer darin zu bestärken, traumatische Ereignisse der Vergangenheit laut auszusprechen. Baumgarts Video erzeugt einen ähnlichen therapeutischen Effekt, indem die Künstlerin den zuvor verstummten weiblichen Stimmen ein Forum bietet und sie so Teil der Kriegserzählungen werden. (Olena Chervonik)
Über das Video
Über die Künstlerin
- 1966 in Breslau, POL.
Studium an der Kunstakademie in Danzig, POL