Identität & Selbst/Inszenierung
von Kristina Lutscher
Wann immer ein Künstler sich und seinen Körper ins Bild bringt, aufnimmt, projiziert, wird dieser Schauplatz einer Verhandlung seines Selbst.
Der Körper vor der Kamera, der seine Position als Auslöser des Aufnahmeprozesses verlässt, ist gleichzeitig persönlich und universell, gleichzeitig eine Referenz auf den lebendigen, „realen“ Körper des Künstlers und auf sein inszeniertes Abbild. Er ist ein unbestimmbares Subjekt, das zum Einen Teil seines Schöpfers ist und zum Anderen autonom für sich existiert.[1]
Während in der Performance-Kunst diese Teilung zwar auch zu finden ist, jedoch zeitlich und räumlich vereint wird, schafft das Video, im Besonderen das Dispositiv des Screens, in dem es präsentiert wird, einen Schnitt. Der Bildschirm und die Projektion sind die Rahmungen, innerhalb derer Identität verhandelt wird. Der zeitlich-räumliche Schnitt macht es erst möglich, sich dort dem eigenen Selbst zu stellen. Gesicht und Hände, Stimme und Atem verweisen dabei oft, im Sinne eines (Selbst)Portäts, auf den Körper als Ganzes.
Identität tritt besonders dort zu Tage, wo Veränderungen vorgenommen werden. Modifizierungen im Video-Material heben die Bilder von der bloßen Selbst-Darstellung zu einer Selbst-Inszenierung.[2] Yvonne Spielmann verweist in diesem Zusammenhang auf den Medientheoretiker Marshall McLuhan, der diese Verschiebung in Referenz auf den Narzissmythos als eine mediale Ausweitung oder Amputation durch Reizüberflutung beschreibt.[3] Die künstlerische Identität flutet die Oberflächen der Fernsehapparate und Screens und ist nicht mehr nur als Körperabbild des Künstlers erkennbar, sondern schafft ein Gegenüber für jeden Betrachter, der Teil des Betrachtungsprozesses wird und so letztlich auch sich selbst reflektiert sieht.
Die wissenschaftliche Literatur verweist in diesen Zusammenhängen immer wieder auf prägende Videokünstler wie Vito Acconci, Bruce Naumann, Anna Winteler; die Künstlerinnen Ulrike Rosenbach, Joan Jonas und VALIE EXPORT sind wichtige Vertreter der Verhandlung von Identität und Weiblichkeit bzw. Geschlecht. (Kristina Lutscher)